Hypnosegeschichte
Die Hypnose ist so alt wie die Menschheit.
Aus Ländern am Euphrat und Tigris sind uns Keilschriften erhalten, die beweisen, dass das älteste Kulturvolk unserer Erde, die
Sumerer, bereits im vierten Jahrtausend vor Christus die Hypnose kannten und sie fast identisch zur heutigen Zeit einsetzten. In der berühmten Priesterschule von Erech wurde seit undenklichen Zeiten ein geschriebenes Werk aufbewahrt, das, immer wieder
abgeschrieben, noch heute zum Teil erhalten ist. In diesem uralten Schriftstück gibt es unwiderlegbare Beweise, dass schon in jenen Zeiten besonders ausgebildete Priester (Ärzte) Kranke durch gezielte Suggestionen unter der Hypnose heilen konnten.
Schon damals kannte man die drei Hauptstufen des hypnotischen Zustands: die leichte
- mittlere - und tiefe Hypnose. Im Gilgamesch-Epos aus Mesopotamien finden sich ebenso
Hinweise auf die Anwendung der Hypnose wie auch in den Hieroglyphen der alten Ägypter.
Auf einem dreitausend Jahre alten Papyrus, dem sogenannten Papyrus Ebers, werden
Methoden beschrieben, mit deren Hilfe die damaligen Heiler Hypnose anwandten. Diese
Verfahren ähneln den heutigen auf verblüffende Weise. Sie hielten den Kranken glänzende
Scheiben vor die Augen, um sie zu ermüden und so den hypnotischen Zustand zu erreichen.
Ähnlich wird auch heute bei der Fixationsmethode gearbeitet.
Damals gab es Tempel, in denen Kranke in einen tiefen Ruhezustand versetzt wurden, um bei den Göttern Heilung zu
suchen. Berühmt waren die Tempel der Isis und Serapis in Kanope.
Im Mahabharata, dem bedeutendsten und umfangreichsten Epos der Hindus, gibt es sehr deutliche Hinweise auf den Einsatz der Hypnose. In diesem ca. dreitausend Jahre altem Bericht wird erzählt, dass sich Vipulas Lehrer auf eine Pilgerfahrt begeben möchte. Allerdings befürchtet er, dass der Gott Indra - ähnlich dem griechischen Gott Zeus, ein ganz schön schlimmer Finger :-) - seine Frau verführen würde.
Er bittet also Vipula, seine Frau widerstandsfähig gegen die Verführungskünste Indras zu machen. Vipula hilft, Zitat: „indem er die Strahlen seiner Augen mit den Strahlen ihrer Augen vereinigt, dringt er in ihren Körper ein so wie der Wind die Lüfte durchdringt“. Später, als Indra sie tatsächlich verführen will, ist sie völlig bewegungslos, wie versteinert und kann keinen Mucks von sich geben. Indra gibt daraufhin sein Vorhaben auf. Klassischer Fall einer gelungenen posthypnotischen Suggestion!
In anderen alten Schriften der Inder, den Veden und Upanishaden, finden sich genaue Anweisungen, um einen selbsthypnotischen Zustand zu erreichen. Danach solle man an einem ruhigen Ort eine bestimmte Sitzhaltung einnehmen (welche werde ich hier nicht verraten, um keinen Schaden bei ungeübten Lesern zu verursachen). "Fixiere mit deinen Augen die äußerste Nasenspitze, lege beide Hände zusammen, auch die beiden Fußflächen; halte das Herz frei von störenden Gedanken und denke an den großen Namen Pranon. Dabei stelle dir das Wesen vor.“ Ergebnis: Abschirmung von äußerlichen Reizen, Augenfixation, Konzentration und Imagination. Besser kann man es heutzutage auch nicht machen.
Auch bei den antiken Griechen war die Hypnose eine anerkannte Heilmethode (Äskulapkult, Tempelschlaf). Die Patienten gingen in die Asklepeien, antike Therapiezentren, die teilweise noch heute, z.B. in Epidauros und Pergamon, gut erhalten geblieben sind. Nach langen, beschwerlichen Reisen unterzogen sie sich mannigfachen Vorbereitungsritualen. Dazu gehörten Waschungen, - sollte mancher Patient heute auch öfters machen (Schweiß-, Fuß- und Mundgeruch!) - Gebete und eine bestimmte Diät, die eine ganze Weile eingehalten werden musste. Durch diese Riten wurde eine gehörige Erwartungshaltung aufgebaut. Gerne erzählten die Priester - Reklame war auch damals wichtig - von ihren vorherigen Erfolgen. Damit wurde die Erwartungsspannung noch verstärkt.
In extra dafür eingerichteten Gewölben ging es dann zur Sache. Lagen die Patienten endlich in einem leichten Ruhezustand, konnten die Priester durch verborgene Schalltrichter Suggestionen geben, die selbstverständlich als von Götterstimmen gegeben, interpretiert und natürlich strengstens befolgt wurden. Einer Inschrift der Stele Nr. I von Epidauros kann man entnehmen, das u.a. Lähmungen, Kinderlosigkeit, Glatzenbildung, Blindheit, Hautmale und Schlafstörungen erfolgreich behandelt wurden.
Im Laufe der Jahrtausende verwendeten sumerische, ägyptische und griechische Heiler, persische Magier, sowie hinduistische Yogi hypnotische Elemente. Auch den Römern war die Hypnose keineswegs unbekannt. Da gibt es die nette Geschichte, erzählt von dem Dichter Porphyrius (zweites Jahrhundert nach Christus), wo sich die beiden Philosophen Plotinus und Olympus in die Wolle kriegen. Schüler der beiden stritten nämlich darüber, wer von beiden die größeren Kenntnisse habe. Also, wen wundert's - jawoll, Plotinus forderte den Olympus auf „magische Kräfte“ heraus. Dieser Wettstreit wurde vor den Schülern ausgetragen. Wahrscheinlich hat einer von denen geplappert, weshalb diese lustige Story noch heute unter Philosophen kolportiert wird. Was geschah? Nun, Plotinus baute sich vor'm Olympus auf, blickte ihm etliche Minuten starr in die Augen und sprach: “Schaut, schaut alle, nun zieht sich der Leib des Olympus zusammen, wie ein leerer Geldbeutel“! Olympus spürte blitzartig einen heftigen Schmerz, krampfte zusammen und musste bekennen, dass Plotinus stärkere Geisteskräfte besitze als er!
Hypnose wurde bis in die Mitte des sechsten Jahrhunderts von Wissenden verwendet. Dann allerdings trat die christliche Religion auf den Plan. Mönche übernahmen das Erbe der Tempelpriester und vollbrachten Wunderheilungen mit Gebeten, Reliquien von Märtyrern, Weihwasser, Handauflegen und frommen Gesängen. Eigentlich nichts anderes als das, was ihre antiken Vorgänger schon seit Tausenden von Jahren getan hatten. Nur dass dieses im Namen Christi geschah. Und das war schließlich etwas völlig anderes. Aus dem elften Jahrhundert gibt es Überlieferungen, die auf Selbsthypnose schließen lassen. Die Hesychasten, Mitglieder eines Mönchsordens auf dem Berg Athos führten eine Art Selbsthypnose ein, die darin bestand, dass sie den Blick beider Augen auf den eigenen Nabel richteten. Darum nannte man sie Omphalopsychiker, auf deutsch Nabelbetrachter.
Der bis heute zu Recht berühmte Arzt Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besser unter seinem Künstlernamen Paracelsus bekannt, erkannte, dass das Entscheidende bei allen Heilungen der >innere Arzt< sei! Er teilte mit, dass Kärntener Mönche Kranke dadurch heilten, dass sie diese durch glänzende Kristallkugeln blicken ließen. Dabei seien die Patienten in einen tiefen Schlaf gefallen. Die Mönche bauten dann ihre Genesungssuggestionen auf, die in den meisten Fällen tatsächlich wirkten. Bald aber begann eine schlimme Zeit für alle, die um diese Jahrtausende alte Kunst wussten. Die Inquisition, diese klerikale Hölle, ließ die Hypnose für lange Zeit in Vergessenheit geraten. Jeder, der sie auszuüben verstand, kam in Gefahr als Hexe oder Teufelsbeschwörer auf dem Scheiterhaufen zu landen.
Wie aber verhält es sich mit den sogenannten Wilden? Ich bezeichne sie lieber als Naturvölker. Auch hier spielte - und spielt noch immer - die Hypnose eine immens wichtige Rolle in der medizinischen Versorgung. Berichte aus verschiedenen sog. primitiven, oder auch schriftlosen Kulturen belegen, dass auch hier die verschiedenartigsten Anwendungen mit Hypnose bekannt waren, und immer noch sind. Die Balinesen beispielsweise benutzen noch heute Trancephänomene in ihrer Kindererziehung. Immer, wenn die Kinder etwas erleben oder sehen was sie seelisch angreift, werden Hypnosetechniken angewandt, die es ihnen erlauben, das Erlebte zu verarbeiten. Australische Medizinmänner, und nicht nur sie, sind in der Lage, Operationen unter Hypnose durchzuführen. Mir selber wurde im brasilianischen Busch ein gebrochener Arm schmerzlos eingerichtet und versorgt. Bereits nach vier Wochen konnte ich ihn beschwerdefrei wieder voll belasten. Viele Berichte über Voodoo und die damit verbundenen Phänomene wurden durch namhafte Wissenschaftler bestätigt. Die Iban, ein Volksstamm auf Borneo, sind dafür bekannt, dass ihre Schamanen hervorragende Erfolge bei der Behandlung von Depressionen, Ängsten, Unfruchtbarkeit und Hauterkrankungen erzielen. Ich selbst konnte mich 1968 davon überzeugen.
Damit wäre ein Übergang aus der Antike zu moderneren Zeiten erreicht. Etwas weiter oben erwähnte ich bereits Theophrastus Philippus Aureolus Bombastus von Hohenheim (so sein vollständiger Name), der von 1494 - 1541 lebte und sich Paracelsus nannte. In seinem Werk "Opera" berichtet er, dass seiner Meinung nach magnetische Kräfte aus den Körpern strahlen würden. Wenn nun ein geübter und eingeweihter Arzt seine Hand auflegen würde, könne er dadurch den krankheitsverursachenden Magnetismus unschädlich machen. Insbesondere bei Nervenerkrankungen wäre das Anbringen von Magneten für die Heilung sehr nützlich. Diese Auffassungen wurden später von Goclenius (ca. 1609) und Athanasius Kirchner (1601 - 1680) geteilt und veröffentlicht. Dieser Athanasius Kirchner, ein Jesuitenpater, berichtete 1646 in seinem Buch "Experimentum Mirabile" übrigens von der Verzauberung eines Hahnes. Dabei handelt es sich um die erste wissenschaftlich untersuchte klassische Anwendung der Tierhypnose. Viele betrachten sie als legitimen Vorläufer des Mesmerschen "Magnetismus animalis" (Dazu kommen wir später). Ein seinerzeit sehr bekannter Astronom und ebenfalls Jesuitenpater, Professor Maximilian Hell (1720 - 1792), führte bereits zahlreiche magnetische Kuren durch. Er fertigte den erkrankten Organen nachgebildete Magnete an, die dann auf den schmerzenden Körperpartien angebracht wurden. Nicht nur besserte sich das Allgemeinbefinden seiner Patienten, es wurde von bis über 70% Heilungserfolgen berichtet!
Der Pater Johann Joseph Gassner (1727 - 1779) wandte damals bereits Methoden an, die wir heute als psychotherapeutische Suggestivverfahren oder Hypnose bezeichnen würden! Zur damaligen Zeit war die sogenannte Besessenheit ein weitverbreitetes Phänomen, dem man nur durch die Austreibung der Dämonen beikommen konnte. Gassner arbeitete damals als Landpfarrer in dem Örtchen Klösterle/Ostschweiz. Zu seinem Job gehörte das Amt des Exorzisten. Wie er in seinem Lehrbuch (1774) darlegt, unterschied er die verschiedensten Formen der Besessenheit. Denen musste natürlich auch durch unterschiedliche Techniken des Exorzismus begegnet werden. Ich möchte aus platz- und zeitlichen Gründen hier nicht näher darauf eingehen. Jeder hat schon einmal darüber gelesen oder einen Film gesehen. Erstaunlich daran aber sind extreme Parallelen der damaligen Behandlungen zu noch heute praktizierten Methoden! In indischen Tempeln (z.B. Balaji in Mehndipur) arbeiten Priester und Schamanen mit der als peshi genannten Methode äußerst erfolgreich bei an Hysterie Erkrankten.
Nun trat aber jemand auf den Plan, der durch die Arbeiten und Veröffentlichungen von Paracelsus und Gassner ganz erheblich beeinflusst wurde. Sein Name: Franz Anton Mesmer (1734 - 1815). Ich werde natürlich nicht sein ganzes Leben hier in epischer Breite darlegen. Das kann man viel besser den Büchern: "Die Entdeckung des Lebensfeuers - Franz Anton Mesmer", geschrieben von Jean Thullier, erschienen im Paul Zsolnay Verlag oder "HYPNOSE - Ein Lehrbuch", geschrieben von Hans-Christian Kossak, erschienen bei Psychologie Verlags Union, entnehmen! Ich kann diese Werke jedem wärmstens empfehlen, der sich für die Hypnose und ihre Geschichte interessiert. Ich gebe hiermit gerne zu, dass sie, neben etlichen anderen Veröffentlichungen, wesentliche Quelle meiner Recherchen waren. Nein, ich habe nicht geklaut! ;-) Aber alles kann man nicht im Kopf haben! Hauptsache man weiß, wo was steht! ;-)!!
Etwas weiter oben erzählte ich bereits von dem Jesuitenpater Prof. Maximilian Hell. Durch ihn und seine Erfolge wurde Franz Anton Mesmer inspiriert. Er kam zu der Erkenntnis: "dass es zum Herbeiführen dieser Erscheinungen (hypnotische Effekte) gar keines Himmel-, Mineral- oder Eisenmagnetismus bedarf. Es reiche völlig das von ihm selbst ausgehende Fluidum zur Magnetisierung der Kranken." Mesmer nannte das Ganze "Magnetismus animalis" - tierischer Magnetismus. Er hatte von den Erfolgen des Johann Joseph Gassner bei der Ausübung des Exorzismus gehört und gelesen. Das Interesse, das Gassner dadurch erlangte, war so groß, dass sich sogar der Papst damit befasste. Überhaupt erregten die "Exorzismusgebete" ein derartiges Aufsehen, dass sich der bayrische Kurfürst Max Joseph im Spätherbst des Jahres 1775 genötigt sah, eine "Kommission zur Untersuchung der exorzistischen Praktiken" einzusetzen. In diese Kommission wurde auch Mesmer einberufen. Er hatte sich durch ein Rundschreiben an alle bedeutenden Akademien ins Gespräch gebracht, indem er in 27 Lehrsätzen seine Theorien erklärte. Ein ganz wesentlicher Bestandteil seiner Theorien war seine Annahme, dass "eine ungünstige Verteilung der magnetischen Energie im menschlichen Körper" die verschiedensten Krankheiten hervorrufe. Nur durch eine Neuverteilung dieser Energie könne die Krankheit erfolgreich behandelt werden. Dies erreiche er dadurch, dass "mit den Händen gleichmäßig über den Körper zu fahren sei!" Die Neuordnung der magnetischen Energie zeige sich dann durch eine Krise, bei der der Körper zucken und krampfen würde. Einen Riesenerfolg hatte Mesmer, als er am 23.11.1775 der Kommission demonstrierte, dass Krämpfe und Zuckungen durch den animalischen Magnetismus und nicht durch irgendwelche Dämonen oder teuflische Kräfte hervorgerufen wurde! Pech für den guten Gassner. Der durfte fortan nur noch dann exorzieren, wenn die Patienten von einem Priester zu ihm geschickt worden waren.
Nun kam natürlich Mesmers Zeit. Durch aufsehenerregende Erfolge und durch seine große Gastfreundschaft wuchs sein Ansehen in Wien sehr schnell. Die finanziellen Mittel seiner reichen Ehefrau erlaubten ihm, große Gesellschaften zu geben. Auch die Familie Mozart gehörte zu seinen Gästen. Aber wer erfolgreich ist, hat bald auch viele Neider. Und so erging es auch Herrn Mesmer. Einer seiner spektakulärsten Heilerfolge war sicherlich der Fall der Pianistin Marie Therese Paradis. Diese junge Frau, seit ihrem vierten Lebensjahr erblindet, wurde von ihm sehr erfolgreich therapiert. Eine durch neidische, erfolglosere Ärzte angezettelte Intrige führte aber zu einem Rückfall. Daraufhin entstand in Wien ein Riesenskandal, der dazu führte, dass Mesmer nach Paris flüchten musste.
Um das Interesse zu verstehen, das Mesmer gleich nach seiner Ankunft in Paris weckte, sollte man wissen, dass um diese Zeit die Neugier und Wissbegierigkeit an allem, was mit Naturwissenschaften zu tun hatte, ungeheuer groß war. Allerdings auch an Alchimie und Aberglauben. Vorträge über die Entdeckungen der Chemie und Astronomie wurden ebenso stark besucht wie Theatervorstellungen. Jedermann drängte sich in die Akademie der Wissenschaften, um die Versuche Lavoisiers mitzuerleben, der vor einer Zuhörerschaft "von Welt", die gekommen war, um seine geglückten Experimente zu bejubeln, hantierte. Um einmal eine Ballonfahrt über die Mühle von Javelle zu erleben, bezahlten gutsituierte Ausflügler gerne die geforderten 12 Livres. Jedermann interessierte sich für alle Entdeckungen der Wissenschaften und glaubte immer weniger an die Heiligen der Kirchen. Man suchte sich neue unter den Philalethen, Alchimisten und bei den Rosenkreuzern. Da es neue Heilige nicht gab, verfiel man eben auf Scharlatane. Die Pompadour ließ sich bei Madame Bontemps die Zukunft aus dem Kaffeesatz lesen. Der rätselhafte Graf von Saint-Germain erzählte, er habe zusammen mit Jesus an der Hochzeit von Kanaan teilgenommen. Man glaubte ihm unbesehen. Obwohl man die Wissenschaft völlig kritiklos bewunderte, wurde jeder, der ihr widersprach, was kaum vorkam, begeistert aufgenommen. Mesmer konnte keinen günstigeren Zeitpunkt, kein geeigneteres Podium für die Verbreitung seiner Entdeckungen finden. Vor allem, da die Medizin keinerlei Fortschritte zu machen schien. Noch immer fielen Tausende den Pocken, der Pest, dem Kindbettfieber und der Lungenentzündung zum Opfer. Die Elektrizität wurde der "letzte Schrei" der Medizin. Jean-Paul Marat hatte eine Boutique für "medizinische Elektrizität" eröffnet. Das universale Fluidum, der tierische Magnetismus und das gewandte Auftreten Franz Anton Mesmers, Doktor der Medizin der berühmten Wiener Fakultät, deren Wissenschaftler in Paris hohes Ansehen genossen, mussten eine Neugier und Faszination wecken, die Mesmers, wenn auch etwas übertriebene Reklame, nur noch steigerte. Ganz im Gegensatz zu den Scharlatanen zielte Franz Anton nicht so sehr auf den sagenhaften kommerziellen Erfolg und Gewinn - den er übrigens bald erreichte - ab, sondern vielmehr auf die Anerkennung seiner Entdeckungen durch die Kollegen. Allerdings, schon in Wien war Mesmer mehr als einmal durch seine Großspurigkeit und sein herrisches Gehabe unangenehm aufgefallen. Ähnliches geschah auch in Paris. Er bombardierte seine Kollegen, einflussreiche Patienten und Gönner mit immer fantastischeren Schilderungen seines tierischen Magnetismus. Es gelang ihm immerhin, den Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, Monsieur Le Roi, mehrfach zur Teilnahme an Magnetismus-Seancen zu bewegen.
(wird fortgesetzt)